Das Universalgenie Leonardo da Vinci
Künstler-Geburtstagskind im Monat April
„Er glich einem Menschen, der in der Finsternis zu früh erwacht war, während die anderen noch alle schliefen.“ So schrieb Sigmund Freud in seinem Büchlein Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci (1910)
Welcher Künstler, wenn nicht Leonardo da Vinci, könnte die Zeit der Renaissance besser verkörpern? Die Renaissance (ab 1400 in Italien) gilt als die Zeit des Wiederauflebens der Werte der griechisch-römischen Antike und steht für eine neue philosophische Weltanschauung. Die Zeit des düsteren Mittelalters ist zu Ende, die Neuzeit bricht an – die Wissenschaft, die Kunst, die Literatur und die Architektur gehen neue Wege. Der Einfluss und die Macht der Kirche wird weniger, der menschliche Verstand, die Würde des Menschen und die Bildung rücken in den Vordergrund.
In dieser Zeit der Umbrüche lebte Leonardo da Vinci, geboren am 15. April 1452 in Anchiano bei Vinci nahe Florenz. Er gilt zurecht als einer der bedeutendsten Universalgelehrten aller Zeiten: er war Maler, Architekt, Naturphilosoph und Mathematiker. Er forschte in der Anatomie, Statik und Mechanik, war Ingenieur, Erfinder und Schriftsteller.
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Leonardos Leben in wenigen Worten
Leonardo kam bereits als Kind mit seinem Vater, der ein erfolgreicher Notar war, nach Florenz und begann seine Lehrzeit in der Werkstätte des berühmten Künstlers Andrea del Verrocchio, wo sein außergewöhnliches Talent sehr bald erkannt wurde.
In Leonardos umfangreichen Schaffen finden sich unzählige Porträts, Altarbilder und Heiligendarstellungen, etliche Architekturzeichnungen und Darstellungen zur antiken Mythologie – er arbeitete unter der Schutzherrschaft des Stadtherrn von Florenz, Lorenzo il Magnifico und für die Familie Sforza in Mailand. Er stand im Dienste der Familie Borgia, schuf Werke für den französischen Hof genauso wie für den Vatikan. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er in Frankreich in Amboise im Schloss Clos Lucé, wo der französische König seine Gesellschaft außerordentlich schätzte. In Amboise starb Leonardo am 2. Mai 1519 im Alter von 67 Jahren.
Leonardos unstillbarer Durst nach Wissen
Leonardo fühlte sich als „Schüler der Natur“ – dazu berufen, die Schönheiten und Besonderheiten der Natur darzustellen: Landschaften, seltene Pflanzen und Tiere, die Bewegungen des Wasser genauso wie ungewöhnliche Gesichter von Menschen faszinierten ihn.
Im Laufe seines Lebens schuf er eine unglaubliche Anzahl an Illustrationen zu unterschiedlichen Wissenschaftszweigen, wie Anatomie, Biologie und Architektur, genauso wie Wasserwirtschaft, Waffentechnik und kosmische Beobachtungen. Als besonders außergewöhnliche Erfindungen seien ein Taucheranzug mit Schnorchel, das erste U-Boot, hydraulische Bewässerungsanlagen und diverse Fluggeräte genannt.
Wer war Leonardo?
Leonardo hinterließ der Nachwelt über 6000 Seiten Notizbücher, Skizzen und Zeichnungen. Über sein privates Leben ist jedoch sehr wenig bekannt. Aus seinen Notizbüchern und auch aus Biographien wissen wir aber, dass Leonardo aus Tierliebe Vegetarier war, er soll sogar auf Märkten die Vögel in den Käfigen gekauft und in die Freiheit entlassen haben.
Über Liebschaften mit Frauen ist nichts bekannt, allerdings ist eine anonyme Anzeige gegen Leonardo belegt, die ihn der Sodomie, also des homosexuellen Kontaktes, bezichtigt. Hier reiht sich auch der Mythos ein, der sich um das berühmte Bild der „Mona Lisa“, entstanden in den Jahren 1503-1506, rankt. So soll der ersten Biographie Leonardos zufolge, verfasst vom berühmten Giorgio Vasari, der Schüler und Geliebte Leonardos, Salaj, das Modell gewesen sein. Das Bild ist demnach also die Darstellung eines jungen Mannes. Der Name „Mona Lisa“ könnte ein Anagramm (Umformung der Buchstaben zu einem anderen Wort) zu „Mon Salai“ (dt. „Mein Salaj“) sein. Die Tatsache, dass Leonardo sich zeitlebens nicht von diesem Porträt trennen wollte, stützt diese These!
Ein Höhepunkt im Schaffen Leonardos:
„L’Ultima Cena“ – „Das letzte Abendmahl“
Nun wollen wir uns noch kurz einem der bedeutendsten Werke Leonardos zuwenden: „Das letzte Abendmahl“. Wer die italienische Stadt Mailand schon besucht hat, hat das Gemälde wahrscheinlich schon in natura gesehen – es ist ein Highlight für alle Kunstinteressierten und eines berühmtesten Wandbilder weltweit! Es misst 8,8 mal 4,6 Meter und ziert die Stirnwand des Refektoriums (Speisesaal) des Dominikaner-Konvents von Santa Maria delle Grazie. Es entstand in den Jahren 1494 bis 1498 im Auftrag des Mailänder Herzogs Ludovico Sforza. Der Künstler malte die Szene in Tempera auf eine getrocknete Gipsplatte, in der Kunstwelt als Seccomalerei bekannt. Leider gab es schon bald Schäden durch Feuchtigkeit und Schimmelbildung. Auch in den folgenden Jahrhunderten konnte der Verfall aufgrund falscher Restaurierungen nicht aufgehalten werden.
Ein Gemälde, das berührt:
All dem zum Trotz berührt dieses detailreiche Gemälde die Betrachter in ihrem Innersten: die Körperhaltung der Jünger, die ausdrucksstarken Gesichter zeigen verschiedene Charaktere, der feine Faltenwurf der Gewänder zeugen von Leonardos großartigem Können! Eine Besonderheit begegnet uns beim Licht im Bild. Dieses kommt nicht aus dem gemalten, im Hintergrund befindlichen Fenster, sondern von schräg links – so wie das tatsächliche Licht, das durch die Fenster an der linken Wand des Raumes einfällt. Die Bildkomposition in Zentralperspektive hebt Jesus in der Mitte des Bildes hervor. Leonardos Wandbild zeigt deutlich die Entwicklung der perspektivischen Darstellung hin zu mathematisch konstruierten Systemen.
Leonardo selbst schreibt im Codex Madrid:
„[…] ein Auge, das eine Wandmalerei betrachtet, versetzt sich immer in die Mitte des Bildes. Für sich ist die Perspektive, die eine gerade Wand bietet, falsch, wenn sie nicht der Standort des betrachtenden Auges korrigiert, indem er die Wand perspektivisch verkürzt zeigt.“
Und Johann Wolfgang von Goethe schwärmt über „Das Abendmahl“:
„… wodurch Leonardo dieses Bild hauptsächlich belebte: Es ist die Bewegung der Hände; dies konnte aber auch nur ein Italiener finden. Bei seiner Nation ist der ganze Körper geistreich, alle Glieder nehmen teil an jedem Ausdruck des Gefühls, der Leidenschaft, ja des Gedankens …“
Noch so vieles könnte über Leonardo und sein schier endloses Schaffen erzählt werden. Sein Vermächtnis begleitet uns auch heute noch! Seine Erkenntnisse in den Wissenschaften sind bis in die Gegenwart hinein von Bedeutung, viele seiner Theorien haben sich als richtig erwiesen.
Erst vor wenigen Jahren wurde in Schweden ein Brückenentwurf Leonardos mit der „Leonardo-da-Vinci-Brücke“ in Ås bei Oslo umgesetzt – und Funktionalität mit großer Schönheit vereinigt.
Autor dieses spannenden Artikels:
Meine liebe Freundin & Kunsthistorikerin
Mag. Alexandra Wagner
Quellen:
https://studyflix.de/deutsch/renaissance-epoche-4355
https://de.wikipedia.org/wiki/Leonardo_da_Vinci
https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Abendmahl_(Leonardo_da_Vinci)
https://www.planet-wissen.de/kultur/kunst/beruehmte_kuenstler/pwieleonardodavincidasuniversalgenie100.html#:~:text=Leonardo%20da%20Vinci%20war%20Maler,Proportionsstudie%20"Der%20vitruvianische%20Mensch".