Symbol der Stärke - Der Stier in der Kunst
Ein besonders eindrucksvolles Bild unserer Tiroler Künstlerin Sabine DELIZIA Egger ist der „Kraftvolle Stier“. In der Variation „Der Kroftlaggl“ begegnen wir dem gewaltigen Tier ein zweites Mal.
Welche Gedanken haben unsere Künstlerin wohl zu diesen Darstellungen inspiriert? Was möchte sie dem Betrachter mitgeben?
Welche Bedeutung hat der Stier in unserer heutigen Welt? Wofür steht und stand das mächtige Tier?
Ist dieses Bild ein Zugeständnis an die Tiroler Bodenständigkeit? Eine Hommage an die Landwirtschaft? Oder ein Beitrag zur Diskussion über die Folgen der Rinderzucht? Vielleicht eine Erinnerung an ein Stierkampf-Urlaubserlebnis? Der Wunsch wieder einmal einen feurigen „Paso Doble“ zu tanzen? Möglicherweise eine Darstellung des Sternzeichens?
Der Stier ist zweifellos ein Symbol für Stärke, Macht und Fruchtbarkeit. Den Stier im Namen zu führen, überzeugt in der Werbung beim Energiedrink „Red Bull“. Seine Kraft verleiht – so man dem Werbeslogan Glauben schenken darf - sogar Flügel. Um den Inhaltsstoff Taurin ranken sich ja so manche Mythen! Das in den 1990er Jahren außerordentlich erfolgreiche NBA Basketball-Team „Chicago Bulls“ vertraute ebenso auf diese Stärke. Auch die Sportwagenmarke „Lamborghini“ schmückt sich mit dem Bild eines angreifenden Stiers. Selbst die Automodelle „Miura“, „Murciélago“ und „Huracán“ tragen Namen berühmter Bullen.
Wenn wir unseren Blick in die Geschichte der Kunst schweifen lassen, begegnen wir dem Stier bereits in der Steinzeit. Etliche Höhlenmalereien in Frankreich, z. B. in den Höhlen von Lascaux, aber auch in Spanien und in Nordafrika zeigen riesenhafte Bullen. Im alten Ägypten war der Stier ein Symbol für den König. In zahlreichen Gräbern finden sich Wandmalereien und Statuetten. Auch aus der minoischen Kultur auf Kreta sind Stierdarstellungen bekannt, so befindet sich im Palast von Knossos das berühmte Stierspringer-Fresko. Beim Stiersprung sollen junge Männer und auch Frauen einen galoppierenden Stier an den Hörnern gepackt haben, um dann mit einem Salto über dessen Rücken zu springen. Ein äußerst akrobatischer und gefährlicher Sport! Viele Religionen kennen Gottheiten in Kuhgestalt. Die Gestalt des Minotaurus ist auch dem modernen Menschen noch vertraut. Und der griechische Göttervater Zeus, der sich in einen weißen Stier verwandelt haben soll, um in dieser Gestalt die phönizische Königstochter Europa zu rauben, war in der Kunst über Jahrhunderte ein beliebtes Thema und ist selbst im 21. Jahrhundert noch präsent.
Die Verehrung dieses prächtigen Tieres schützt es allerdings nicht vor dem unbezwingbaren Drang des Menschen stets selbst der Mächtigste und Kräftigste – der Überlegene - zu sein: der Stierkampf sei als Beispiel hierfür genannt.
In Barcelona in Katalonien hat die Corrida 2010 zwar ihr Ende gefunden. In Andalusien jedoch wird der Stierkampf als spanische Tradition und immaterielles Kulturgut weiterhin ausgetragen.
Auch im spanischen Tanz „Paso Doble“ wird – glücklicherweise unblutig – der Stierkampf verkörpert. Die Rolle des Herrn ist klar – er ist der Matador. Die Dame ist das rote Tuch, manchmal aber kann sie auch in die Rolle des Stieres wechseln.
Doch nun genug der Überlegungen. Was Delizia tatsächlich zu ihren Kunstwerken veranlasste, kann wohl nur sie selbst uns verraten!
Ein Artikel von
Mag. Alexandra Wagner
Kunsthistorikerin